Fritz Kramer

von Broody
 

Dr. Friedrich („Fritz“) KRAMER

* 12.11.1904 in Wien
† 15.02.1988 in New York

 
Fritz Kramer wurde am 12. November 1904 in Wien als Sohn jüdischer Eltern geboren. Er studierte Musik am Wiener Konservatorium bei Richard Robert (Klavier), Otto Stieglitz (Cello), Otto Berg (Komposition) und Rudolf Nilius (Dirigieren).
Fritz Kramer war Pianist und Repetitor an der Volksoper Wien, Anfang der 1930er Jahre gehörte er zum Orchester am Wiener Scala-Theater unter Hanns Robert Korngold. Hier soll er auch gemeinsam mit Paul Weiss an der Komposition zu dem musikalischen Lustspiel „Sie, Johann … !“ von Ernst Behrendt und Fritz Grünbaum beteiligt gewesen sein. Fritz Kramer heiratete in erster Ehe Herma Gertrude („Gerti“) Kramer (*1901).
Im Sommer 1937 wurde ihm die Stelle als Pianist der Comedy Harmonists angeboten, als Ersatz für Ernst Engel, der wegen persönlicher Probleme in Paris ausschied. Sein erstes Konzert mit der Gruppe hatte Fritz Kramer am 22. Juli 1937 im australischen Perth im „His Majesty’s Theatre“. Kurz danach infizierte er sich in Australien mit Gelbsucht. 1938 wohnte Familie Kramer in Wien in der Invalidenstr. 17. Nach der Flucht der Comedy Harmonists aus Wien wohnten sie in London, Harley Road 5. Seine Frau Gerti begleitete ihn auf den Tourneen durch Australien, Süd- und Nordamerika.

Wie auch mehrere andere Mitglieder der Comedy Harmonists beschäftigte sich auch Fritz Kramer nach der Auflösung der Gruppe im Frühjahr 1941 weiter mit Musik. Er lebte zunächst in Sugar Hill im Norden des Staates Washington und ging dann gemeinsam mit Hans Rexeis nach Kuba, um von dort aus seine Einbürgerung in die USA zu betreiben. Bis 1946 war er dort als Konzertpianist und Musiklehrer sowie als Leiter der Musikabteilung des Buena Vista College in Havanna tätig und schrieb die Musik für Hörspiele eines Radiosenders. In Havanna traf Fritz Kramer den Kubaner Aurelio de la Vega wieder, Dozent am Musikinstitut „Ada Inglesias“, den er bereits am Wiener Konservatorium kennengelernt hatte. De la Vega war später ein bekannter Komponist und nach einem Studium der Außenpolitik Kulturattaché des kubanischen Konsulats in Los Angeles. Nach der Rückkehr in die USA begleitete Fritz Kramer in den folgenden Jahren namhafte Solisten am Klavier. Zum Jahreswechsel 1946/47 trat er gemeinsam mit der farbigen Opernsängerin Camilla Williams vom New Yorker Opernhaus mit Liedern von Mozart, Schubert, Brahms und Bizet auf und spielte solistische Auszüge aus Tschaikowskis „Nussknacker-Suite“. Auch der Tenor Ferruccio Tagliavini wurde von Fritz Kramer gemeinsam mit dem Geiger Jascha Veissi begleitet. Am Jahresende 1947 ging Kramer mit dem aus Österreich stammenden Bariton Igor Gorin, den er wahrscheinlich schon aus seiner Zeit in Wien kannte, auf Tournee. Bei der mehrmonatigen Konzertreise, die sie auch in acht Städte Kanadas führte, begleitete Fritz Kramer Opernarien von Brahms, Händel, Debussy und Moussorgski, aber auch Lieder von Komponisten wie Benjamin Britten und Heitor Villa-Lobos, und präsentierte eigene Solo-Interpretationen von Brahms und Chopin sowie den Strauss-Walzer „G’schichten aus dem Wiener Wald“. 1947/48 trat er zusammen mit einer Harfenistin als Begleiter für die Rezitative der Künstlerin Michael Strange auf.
Am 11. Dezember 1950 wurde Fritz Kramer in die USA eingebürgert. In den folgenden Jahren war er Klavierlehrer in New York, unter anderem an der New York University. Er wohnte in der West End Avenue 255 und stand in persönlichem Kontakt zu Harry Frohman und Rudolf Mayreder. 1952 lernte Fritz Kramer seine spätere zweite Ehefrau Eleonore (* 23.04.1926) kennen, die in New York lebte und auf der Suche nach einem Gesangslehrer war. Die gelernte Kindergärtnerin aus Polen war 1945 vor den herannahenden russischen Truppen geflohen und später nach Amerika emigriert. Am 23. Februar 1952 trat Fritz Kramer in der New Yorker Town Hall bei einem Kurt-Weill-Gedächtnisabend im Duett mit dem Pianisten Walter Joseph auf, der 1931 kurzzeitig Pianist der ursprünglichen Comedian Harmonists war. Beide begleiteten abwechselnd verschiedene Sänger zu 11 Stücken aus Weills „Dreigroschenoper“. Im April 1952 übernahm Fritz Kramer die Klavierbegleitung der argentinischen Sopranistin Regina Taddia zu Opernarien aus „Die Zauberflöte“, „Die Hochzeit des Figaro“, „La Boheme“ sowie zu Liedern südamerikanischer Komponisten. Im selben Jahr führte er mit der Geigerin Olive Kailasam Lieder von Schubert und Saint Saens auf. 1953 begleitete er die aus Ungarn stammende Schauspielerin Ilona Massey zu Liedern von Franz Lehar.

Mitte der 1950er Jahre wurde in Erwägung gezogen, Fritz Kramer als Pianist für die geplante neue amerikanische Gruppe von Erich Collin einzusetzen. Auch eine eigene Gruppe Frohmans unter Mitwirkung von Rudolf Mayreder war vorübergehend im Gespräch. All diese Pläne zerschlugen sich aber, weil Kramer vertraglich gebunden war.
1956 leitete Fritz Kramer gemeinsam mit Franzi Ascher 15 wöchentliche Opernkonzerte der New School of Music in New York. Ende der 1950er Jahre begleitete er Chorkonzerte in New York am Klavier. Außerdem war Fritz Kramer für die Künstleragentur von Sol Hurok, der schon die Konzerttournee der Comedy Harmonists in den USA organisiert hatte, als Klavierbegleiter berühmter Geiger wie dem Franzosen Zino Francescatti, dem polnisch-jüdischen Solisten Henryk Szeryng sowie von Yehudi Menuhin tätig. 1961 heiratete Fritz Kramer seine zweite Frau Eleonore. Im selben Jahr begleitete er den Tenor Marco Sorisio und dessen Bruder Roberto (Bariton) bei einem Konzert in New York am Klavier. Zwischen 1961 und 1965 leitete Fritz Kramer für die New Yorker Philharmonische Gesellschaft im Lincoln-Center zahlreiche einwöchige Theoriekurse (pre-philharmonic lectures). Ab 1965 bis zu seinem Tod wirkte er als Doktor der Musikwissenschaft an der Manhattan School of Music und lehrte neben Musikwissenschaft auch Musikgeschichte und -literatur. Bei ihm studierte unter anderem Richard A. Gradone, später Professor für Musik an der New York University. 1966 begleitete Fritz Kramer die Altistin Lione Jodis am Piano. Er unterrichtete auch Privatschüler wie den späteren Komponisten, Computermusiker und Professor für Musik Neil Burton Rolnick sowie den Dirigenten William Shoucair, Gründer und Direktor des Dorchester Symphony Orchestra und des Jamaica Plain Symphony Orchestra. Daneben nahm Fritz Kramer an Musikfestivals in Wien, Salzburg, Zürich und Edinburgh teil und gestaltete mehrere Jahre lang die Wagner-Festspiele in Bayreuth und Seattle mit. Er hielt auch Vorträge über Musik und wirkte von 1982 bis 1988 zusätzlich an einem Musik-College in New York. Zudem war er weiter solistisch tätig und gab Abende mit Kompositionen von Franz Schubert bis Cole Porter. In den Sommermonaten kehrte er immer wieder nach Sugar Hill zurück, besuchte aber auch regelmäßig seine Heimat Österreich, wo er sich auch mit Rudolf Mayreder traf.
Fritz Kramer verstarb am 15. Februar 1988 in New York.
Erst nach seinem Tod wurde im Mai 1989 die Kinderoper „One Day In The Woods“ nach dem Kinderbuch der Schriftstellerin Jean Craighead George uraufgeführt, vertont von Fritz Kramer nach Motiven von Strauss und Wagner.
Eleonore Kramer starb im Sommer 2012. Ihre Asche wurde gemeinsam mit der von Fritz Kramer in Sugar Hill beigesetzt. Sie hinterließ den North Country Chamber Players eine beträchtliche Spende zur Gestaltung von Schulkonzerten und zur Unterstützung junger Musiker.

 


Unter Verwendung von Nachlässen und publizierten Quellen.